Wie sehen Studierende von heute 1968?
In einem autonomen Projektseminar erkundeten Studierende von heute die Hamburger 68er Bewegung. In ihrem Film „Aufbruch – Die 68er Revolte an der Uni Hamburg“ ist ihre Antwort. Für weitere Informationen siehe: [aufbruch.blogs.uni-hamburg.de]
„Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“
Ein Film von Reinhard Kahl über die legendäre Aktion am 9. November 1967 – beteiligte Aktivisten erinnern sich 1988. Achtung: youtube hat am Anfang (nach der Ansage von 0´45 – 1´30) des Films den Ton gelöscht. Die Musik des Titels und der Anfangssequenz von Jimmy Hendrix ist urheberrechtlich geschützt. Also nicht an der Wiedergabe zweifeln!
Wie es zur Thielicke Aktion im Michel (St. Michaelis) kam und sie den Bundestag beschäftigte:
Am 9.11.1967 provozierten H. Behlmer und D. Albers mit dem legendären Spruchband „Unter den Talaren – Muff von tausend Jahren“ die Ordinarienuniversität. Dieser Spruch und die Reaktion des Professor Spuler, „Ihr gehört alle ins KZ“, gibt den Anstoß für die Studierenden sich mit der Nazivergangenheit ihrer Professoren zu beschäftigen. Es folgten sofort Informationen und Aktionen zur Aufarbeitung der braunen Vergangenheit der Uni und ihrer Professoren. Theologie Prof. Thielicke solidarisierte sich mit Prof. Wenke, der wegen seiner überholten Lehre und Nazivergangenheit von dem SDS Studenten R. O. scharf kritisiert worden war. Am 1.12.67 besuchten SDS- und Theologie-Studierende den Weihnachts-Gottesdienst des Theologe Thielicke, um an den Vietnamkrieg zu erinnern:
„Die meisten Christen in der Bundesrepublik schweigen über Vietnam. Helfen Sie mit, diesem Schweigen ein Ende zu machen, damit wir nicht wieder schuldig werden, weil wir geschwiegen haben. (…) Wir können nicht in den Gottesdiensten den Gott der Liebe bekennen, wenn wir nicht gleichzeitig protestieren gegen das Morden in der Welt.“
Provozierend beteten die Protestler zum „Vater unser…“
„Kapital unser, das Du bist im Westen, amortisiert werde Deine Investition. Dein Profit komme. Deine Kurse steigen, wie in Wallstreet, also auch in Europa. Unsern’ täglich Umsatz gib uns heute und verlängere uns unsere Kredite, wie wir sie stunden unseren Gläubigern. Und führe uns nicht in Konkurs, sondern erlöse uns von den Gewerkschaften. Denn Dein ist die halbe Welt und die Macht und der Reichtum seit zweitausend Jahren. Mammon.“
Dieser „Skandal“ zog eine weitere Aktion nach sich. Der SDS ruft für den 13.1.68 zu einem weiteren Kirchenbesuch des Theologen Thielicke im Hamburger Michel auf. Prof. Thielicke holt seinen Freund, einen Brigadegeneral der Bundeswehr zu Hilfe. Dieser besetzt mit 70 Bundeswehrsoldaten in Zivil zum Schutz des Gottesdienstes vor „Störern“ den heiligen Kirchenraum. Dieser zivile Einsatz der Bundeswehr in einer Kirche, findet lobende Worte in der ersten Bundestagsdebatte zu den Studierendenprotesten 1967/68 in der BRD. Der Bundestagsabgeordnete Jäger (CDU) schwärmt vom „Bürger in Uniform“ und ruft jedem Ministerpräsidenten, jedem Rektor und Polizeipräsidenten zu: „Landgraf werde hart!“.
Dieser Redebeitrag von Jäger ist in dem folgenden Doku-Film zu sehen.
Debatte im Bundestag 1968 zur Thielickeaktion des SDS – „Landgraf werde hart“
Film zum Wissmannsturz: Landfriedensbruch von Theo Gallehr in 3 Teilen
Zur Entstehungsgeschichte dieses Films siehe ein Audio-Interview von Rolf Schübel vom 27.03.2019 veröffentlicht auf der Webseite der Universität Hamburg, Hamburgs (Post-) Koloniales Erbe: [kolonialismus.blogs.uni-hamburg.de]
Interviews zum Wissmannsturz – Erinnerungen und Sicht von heute
„Von der Revolte zur Revolution oder Warum die Revolution erst morgen stattfindet“ von Kurt Rosenthal
Nachdem Attentat auf Rudi Dutschke am Gründonnerstag (11.4.1968) kam ist auch in Hamburg zu Demonstrationen und Blockaden gegen den Springerkonzern. Er galt wegen der Hetze seiner Zeitungen gegen die Protestbewegung der Verursacher des Attentats. „Springer hat mitgeschossen“ war die Parole. Die „Filmemacher Cooperative“ in Hamburg begleitete mit einer Kamera die Demonstrationen und dokumentierte sie für die Nachwelt. Der Filmemacher Kurt Rosenthal machte das Filmmaterial zu dem Dokumentarfilm „Von der Revolte zur Revolution oder Warum die Revolution erst morgen stattfindet“. Der Film ist ohne Kommentar aber enthält grundsätzliche Statements der Aktivisten (H. J. Krahl, K. H. Roth, K.D. Wolff, Prof. W. Abendroth) von damals zur Rolle der Gewalt. Es wurde zum erstmal die Gegengewalt gegen Polizeigewalt thematisiert. Eine Wende zum Gewaltverständnis der 68er Bewegung.
Wegen des fehlenden Kommentars einige Erläuterungen zum besseren Verständnis der gezeigten Ereignisse. Sie werde nicht chronologisch gezeigt, sondern in folgenden Teilen: Im ersten Teil die Ereignisse der Demonstrationen vor dem Springerhochhaus in Hamburg am Karfreitag (12.4.1968), im zweiten Teil Veranstaltungen zum 1. Mai 1968 auf der es auch um die Notstandsgesetzgebung ging, im dritten Teil die Demostration am Ostermontag (15.4.1968) vor dem Polizeihochhaus in Hamburg indem SDS-Mitglieder in „Vorbeugehaft“ genommen waren. Im 4. und letzten Teil werden Demonstrationen und Aktitionen gegen die Notstandgesetze in Bonn Ende Mai 1968 gezeigt.
Zusammenhängend werden alle diese Ereignisse in dem Beitrag von Thomas Thielemann „Die Hamburger Osterdemonstrationen 1968 und die sich daran anschließenden Aktionen“ im Ordner „Beiträge“ auf dieser website geschildert https://sds-apo68hh.de/wp-content/uploads/2020/08/Die-Hamburger-Osterdemonstrationen-1968-und-die-sich-daran-anschliessenden-Aktionen-Beitrag-T.T..pdf
Film zur 23. SDS DK September 69: Django und die Tradition von Günther Hörmann
Auf der 23. Delegiertenkonferenz des SDS im September (1.Teil) und November 1968 (2. Teil) begann der Auflösungsprozess des SDS. Im September sollte über die weitere Politik und Organisationstrukturen des SDS diskutiert werden. In Erinnerung an diesen Teil der Konferenz ist nur die Rede von Helke Sander über die autoritäre Männerherrschaft im SDS und der Tomatenwurf ihrer Mitstreiterin geblieben.
Im 2. Teil kam es zum Aufstand der kleineren SDS-Gruppen u.a. auch des Hamburger SDS, die die autoritären Strukturen der plenaren Form dieses Kongresses kritisierten. Um ihre Erfahrungen und Positionen gegen die wortgewaltigen Berliner, Frankfurter und Heidelberger Genossen einbringen zu können, forderten sie die zeitweise Auflösung des Plenums in Arbeitsgruppen. Inhaltlich ging es um die sog. Justizkampagne, d.h. was tun, gegen die inzwischen weit über 1000 Strafverfahren, die die Protestler der Studierende-, Schüler- und Lehrlingsbewegung bedrohten. Insbesondere die Westberliner, aber auch die Heidelberger und Frankfurter wähnen sich schon auf einer höheren Stufe des Kampfes gegen den Staatsapparat, und nahmen wenig Rücksicht auf die Probleme der kleineren Gruppen.
In diese chaotische Diskussion platzt ein Flugblatt des Frankfurter „Weiberrates“, demzufolge die „sozialistischen Eminenzen“ im SDS von ihren „bürgerlichen Schwänzen“ zu befreien seien.
Diesen 2. Teil der 23. DK zeigt der Film „Django und die Tradition“.
Besetzung des psychologischen Instituts
Im Wintersemester 1969/70 stehen die Hochschulreformpläne des Hamburger Senats und die kritischen Zustände an einzelnen Universitätsinstituten im Mittelpunkt der Proteste. Die Studierenden fordern, dass ein selbstorganisiertes Studium in das Lehrprogramm des Sommersemesters aufgenommen wird. Im Brennpunkt steht das Psychologische Institut, in dem lediglich drei ordentliche Professoren für 500 Studenten tätig sind.
Ein „General“-Streik an der UNI wird für den 29.1.1969 beschlossen. Die Vollversammlung der Philosophischen Fakultät beschließt am 28.1.69, das Psychologische Institut sofort zu besetzen.
Der Dokumentationsfilm „Junge Menschen in der Industriegesellschaft – Studenten proben den Aufstand?“ zeigt diese Besetzung und folgenden Auseinandersetzungen Anfang 1969. Sie waren ein weiterer Höhepunkt der Hamburger Studierendenbewegung.
https://www.youtube.com/watch?v=S3fA_G0tZsk
Der Beginn – Schüler*innenbewegung 1967
1967/68 begannen auch die Schüler*innen gegen autoritäre Schulstrukturen zu rebellieren. Sie organisierten sich im USSB (Unabhängiger Sozialistischer Schülerbund). Ein wichtiges Thema war die Sexualaufklärung an Schulen. In einer Panoramosendung des NDR wurde dieser Beginn der Schüler*innenbewegung festgehalten.
Die 2-teilige Pannoramasendung behandelt zwei Themen: Der „kalte Krieg“, die Welt der Erwachsenen und die Lebensprobleme der Schüler*innen. Beides interessante Zeitdokumente.
1970 Rote Fahnen sieht man besser von Theo Gallehr und Rolf Schübel
Im August 1970 wurde erstmals nach 1948 ein größerer Betrieb stillgelegt: die Phrix AG in Krefeld. Theo Gallehr und Rolf Schübel (SDS) aus der Hamburger 68er Bewegung drehten darüber 1970 einen Dokumentarfilm aus der Sicht der Entlassenen, die aus Protest gegen die Schließung eine schwarze Fahne hissten. Sie taten das aus Trauer um die einseitig verratene ‚Sozialpartnerschaft‘. Ein kluger DGB-Funktionär erzählt im Film, die Arbeiter hätten besser zur roten Fahne gegriffen, weil dieses Signal in Bonn angekommen wäre. Der Film wurde über ARD im Fernsehen gezeigt und führte zu Prostesten der Arbeitgeber und Zensur. 1972 erhielt er den Grimme-Preis.
Filme und -ausschnitte aus 68 im Filmarchiv des NDR
(Verleih nur für Forschung und interne Bildungsveranstaltungen auf Anforderung)
- Unistreik gegen Rahmenprüfungsordnung
- Weichmann zum Demonstrationsrecht
- Unter den Talaren…Kritische Universität
- Kritische Universität
- Ehrlicher zur Philturmsperrung
- Urabstimmung für Rücktritt von Ehrlicher
- Hochschulreform, Oberlercher, Wenke, Bürgerstudentendiskussion
Filme aus der 68er Zeit (überregional)
Deutsche Lebensläufe: Rudi Dutschke
https://www.youtube.com/watch?v=zf7xoAnp978
1967 Der Tod des Benno Ohnesorg
https://www.youtube.com/watch?v=E3ZU1XIC5Qs
1968 der Todesschuss auf einen Vietkong
https://www.youtube.com/watch?v=UYbhsdPIEqQ
1968 Worte gegen Panzer
https://www.youtube.com/watch?v=nX5lIxItY3o
1967 Krieg im Heiligen Land
https://www.youtube.com/watch?v=Gr82Wnm5cVs